Die Aufschwungsjahre
Die GEV hat die furchtbare Zeit der zwei Weltkriege überstanden, wenn auch mit Einbußen. Es folgen schwierige Nachkriegsjahre, bis sich in den 50er Jahren ein Aufschwung im Land abzeichnet. Der Hamburger Versicherungsverein schlägt neue Wege ein und wird in den folgenden Jahrzehnten weit über sich hinauswachsen.
1945 – 1961: Ein harter Neuanfang
Am 3. Mai 1945 endete für Hamburg der 2. Weltkrieg. Die britische Armee hatte die Kapitulation nach
mehrtätigen Verhandlungen angenommen. Große Teile der Stadt und des Hafens lagen zu diesem Zeitpunkt in
Trümmern. Von den über 560.000 Wohnungen war etwa die Hälfte völlig zerstört und nur noch um die 114.000
bewohnbar.
Es folgte der in Europa besonders harte Winter 1946/47. Eine klirrende Kälte erfasste auch Deutschland und
ließ die Bevölkerung frieren und hungern.
Im Juni 1948 wurde im Rahmen einer Währungsreform die durch die Inflation entwertete Reichsmark von der
Deutschen Mark abgelöst. Die Auslagen der Geschäfte füllten sich wieder mit Waren zu realistischen Preisen.
Die Kaufkraft der Bürgerinnen und Bürger stieg.
Von 1948 bis 1952 erhielten Deutschland und weitere europäische Länder im Rahmen des Marshall Plans
finanzielle und materielle Unterstützung in Form von Rohstoffen und Lebensmitteln aus den USA. Europa sollte
als Handelspartner der USA gestärkt werden.
Noch bis ins Jahr 1951 galten durch die Alliierten Beschränkungen für die Schifffahrt und den Schiffbau. Ohne
Handelseinnahmen durch den Hafen kam Hamburg nur schwer wieder auf die Beine. Mühsam wurde die Stadt von den
Trümmern befreit und wiederaufgebaut. Rote Backsteinbauten wurden typisch für das Hamburger Stadtbild.
Die GEV in den Nachkriegsjahren
Der Versicherungsschutz der GEV umfasste zum Kriegsende nach wie vor das Haftpflichtrisiko für Grundeigentümer. Mit der Zerstörung der Häuser brachen die Beitragseinnahmen zwangsläufig ein. Die Währungsreform verringerte zunächst die Bilanzsumme auf 208.658 DM. Das änderte sich mit dem Wiederaufbau des Wohnraums in den 50er Jahren rasant.
Die Aufschwungsjahre belebten auch die Geschäftsaktivitäten des Hamburger Versicherungsvereins. 1953 folgte
die Einführung einer neuen Satzung und Versicherungsbedingungen sowie der Abschluss des ersten
Rückversicherungsvertrages mit der Iduna-Germania. Mit Beschluss der Mitgliederversammlung wurde 1956 der
Geschäftsbetrieb ausgeweitet: Die GEV bot ihren Mitgliedern nun auch Privat-, Familien- und
Hundehalterhaftpflichtversicherungen an.
1962: Hamburg und die Sturmflut
In der Nacht vom 16. auf den 17. Februar 1962 fegte ein Orkan mit 130 km/h über Norddeutschland hinweg und
drängte das Wasser der Nordsee die Elbe hinauf. Die Sturmflutwarnung am Abend des 16. Februar erregte kein
besonderes Aufsehen bei Hamburgs Bevölkerung, die an solche Ereignisse gewöhnt war. Niemand ahnte, dass in
dieser Nacht die Pegelstände den höchsten Stand seit mehr als 100 Jahren erreichen würden.
Am Morgen des 17. Februar waren die Deiche an 60 Stellen gebrochen und zahlreiche Stadtteile überflutet. Der
Alte Elbtunnel stand unter Wasser und über 100.000 Hamburgerinnen und Hamburger waren von der Außenwelt
abgeschnitten. 315 Menschen starben, etwa 20.000 verloren ihr Zuhause. Die GEV stemmte als Versicherer
anteilig die Kosten der Flutkatastrophe mit.
1965 – 1969: Die GEV „wird groß“
Der Hamburger Versicherungsverein hatte die Folgen der Kriegsjahre gemeistert und strebte nach weiteren
Erfolgen. Der Ausbau des Versicherungsschutzes auf zusätzliche Haftpflichtsparten hatte sich als gute
Entscheidung erwiesen. Im Jahr 1965 beschloss die GEV ihr Versicherungsangebot erneut maßgeblich und diesmal
über den Haftpflichtschutz hinaus zu erweitern. In die Produktpalette aufgenommen wurde die
Hausratversicherung gegen Schäden durch Feuer, Einbruchdiebstahl, Beraubung sowie Glas- und Wasserschäden.
Bereits ein Jahr später wurde der Hausratschutz 1967 um die Sturmgefahr ergänzt.
Der im Jahr 1966 neu als Vorstand eingesetzte Rolf Bahr beschritt mit der GEV neue Wege: 1968 sollte das
Geschäftsgebiet auf Bremen, Niedersachsen und Schleswig-Holstein ausgeweitet werden. Das Bundesaufsichtsamt
für das Versicherungswesen erlaubte jedoch nur eine Erweiterung auf 100 km rund um Hamburg herum.
Neue Produkte und ein größeres Geschäftsgebiet steigerten die Beitragseinnahmen der GEV beträchtlich. Die für
einen kleinen Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit erlaubte Beitragsmaximierung wurde regelmäßig
überschritten. Die Umwandlung der Rechtsform war angezeigt:
Am 31.12.1969 erfolgte nach Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde die Handelsregistereintragung beim
Amtsgericht Hamburg. Die GEV erhielt die Organe Mitgliederversammlung, Aufsichtsrat und Vorstand und den neuen
Namen:
GRUNDEIGENTÜMER-VERSICHERUNG
Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit
in Hamburg.
1970 – 1979: Eine Zeit der Umbrüche
Der Boom der Nachkriegsjahre in Deutschland flaute allmählich ab. Es wurde unruhiger in Wirtschaft und
Gesellschaft. Die Studierendenrevolten Ende der 60er Jahre mündeten in die Gründung der RAF, die Deutschland
über Jahrzehnte in Atem halten sollte. Zwei Ölpreiskrisen wirkten sich auf die wirtschaftliche Entwicklung
aus. Zum Ende der 70er Jahre sorgte der NATO-Doppelbeschloss für ein Ende der diplomatischen
Entspannungspolitik mitten im Kalten Krieg.
Hamburg erlebte mit den 70ern ein sehr lebendiges Jahrzehnt. Große Einkaufszentren und gigantische
Neubausiedlungen am Stadtrand wie Mümmelmannsberg entstanden. Erste Hausbesetzungen fanden als Gegenwehr zum
Abriss alter Gebäude statt. Der neue Elbtunnel wurde in Betrieb genommen. Im ersten Bundesliga-Lokalderby der
Stadtvereine siegte der FC St. Pauli mit 2:0 gegen den Hamburger Sportverein. Die Hansestadt wurde außerdem
mehrfach unrühmlicher Schauplatz rund um die terroristischen RAF-Aktivitäten.
Die GEV bleibt deutlich im Aufschwung
Regelrecht unberührt von den unruhigen Zeiten erreichte die GEV in diesem Jahrzehnt bedeutende Meilensteine für ihre weitere Entwicklung. 1971 konnte das Geschäftsgebiet endlich auf Bremen sowie ganz Niedersachen und Schleswig-Holstein ausgeweitet werden.Ebenfalls im Jahr 1971 führte die GEV zwei Klauseln in ihre Versicherungsbedingungen ein, die später von den meisten Haftpflichtversicherern innerhalb Deutschlands übernommen wurden:
- Die Abwasserklausel regelte die Mitversicherung von Sachschäden durch Abwässer in der Haus- und Grundbesitzerhaftpflichtversicherung. Die GEV ergänzte den Schutz zusätzlich in der Privat- und Familienhaftpflichtversicherung.
- Die Fortsetzungsklausel stellt die Mitversicherung des Ehepartners nach dem Tod des Versicherungsnehmers sicher.
Mit der dann folgenden Einführung der Wohngebäudeversicherung erweiterte die GEV als Spezialversicherer rund um die Immobilie ihre Produktwelt ganz entscheidend.
Es folgten weitere Produktergänzungen:
- 1972 Schwamm- und Hausbockkäfer-Versicherung
- 1973 Neuwertversicherung der Elektro- und Gasgeräte des Hausrats
- 1974 Bauleistungsversicherung und Kaskoschutz für fahrbare Maschinen
Die erfolgreiche Geschäftstätigkeit erforderte mehr Angestellte und den Umzug in größere Büroräume. Im Jahr 1975 bezog die GEV das zweite Stockwerk im Verwaltungsgebäude des Hamburger Grundeigentümer-Verbandes in der Paulstraße 10. Durch eine Beteiligung an den Baukosten des 1973 errichteten Bürohauses von 20% erwarb die GEV das Eigentum an diesem Stockwerk.
Im Jahr 1978 gelang nach schwierigen Verhandlungen der Zusammenschluss der GEV mit drei weiteren Versicherungsvereinen aus Berlin, Niedersachsen und Hamburg. Als aufnehmender Verein erweiterte die GEV ihren Geschäftsbereich deutlich und trug fortan den Namen:
GRUNDEIGENTÜMER-VERSICHERUNG
Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit.
Winter 1978/79: Eine Schneekatastrophe erfasst Hamburg und den Norden
Kurz vor dem Jahreswechsel brach eine eisige Kälte über weite Teile Deutschlands und benachbarte Länder
herein. Aufeinandertreffende Luftmassen und extremer Schneefall sorgten für tagelange heftige Schneestürme.
Der Verkehr kam zum Erliegen, die Stromversorgung fiel teilweise aus und zahlreiche Ortschaften wurden von der
Außenwelt abgeschnitten. Der Katastrophenfall wurde ausgerufen. Bereits im Februar 1979 kam es erneut zu
katastrophalen Schneestürmen. 17 Menschen starben in der BRD.
Die Hamburgerinnen und Hamburger kamen glimpflich durch das Schneechaos. Nach der Flut von 1962 wurden die
Stromkabel unterirdisch verlegt und blieben somit eisfrei. Auch der Verkehr wurde nur wenig eingeschränkt. Das
Rathaus und die Bezirksämter stellten Schneeschippen bereit und die Bürgerinnen und Bürger räumten
eigenständig ihre Stadt frei. Aus den Parks wurden kurzerhand Skigebiete.
Die Schneekatastrophe im Winter 1978/79 wirkte sich allerdings auf die GEV als Versicherer aus und verursachte
Schadenaufwendungen von fast 3 Millionen DM.
1980 – 1989: „Ein bisschen Frieden“ bis Mauerfall – Die GEV gründet die Grundeigentümer Leben AG
Es bleibt spannend im Deutschland der 80er Jahre. Die ARD strahlt den ersten Schimanski-Tatort aus und die
Grünen ziehen in den Bundestag ein. Nicole gewinnt als erste Deutsche mit dem Song „Ein bisschen Frieden“ den
Eurovision Song Contest. Steffi Graf und Boris Becker siegen beim Tennisturnier in Wimbledon. Der
Reaktorunfall in Tschernobyl beendet das Vertrauen in die Atomenergie. Eine Welle an Hausbesetzungen folgt auf
den Abriss günstiger Altbauten. Und die Mauer fällt.
1986: Die GEV gründet einen Lebensversicherer
Für die GEV begann das neue Jahrzehnt als Versicherer mit einem breiten Produktangebot rund um die Immobilie und dem Geschäftsgebiet der gesamten BRD. Neue Geschäftsstellen in Berlin, Hannover und Osnabrück ergänzten den Hamburger Stammsitz.
Die Zeit war reif für neue Pläne und so gründete die GEV im Jahr 1986 mit einem Stammkapital von 4 Millionen
DM die Grundeigentümer Leben AG. Damit sollte die Zielgruppe der Grundeigentümer ein weiteres Angebot
erhalten.
Zum Ende der 1980er Jahre hatte sich die GEV nach fast einhundertjähriger Geschichte von einem kleinen
Hamburger Haftpflichtversicherungsverein zum großen VVaG mit umfassendem Produktangebot in der gesamten BRD
entwickelt. Nach diesen „Aufschwungsjahren“ folgt der Zeitabschnitt „Die Wiedervereinigung“.