Haftpflicht? Oder lieber Hausratversicherung?
Ein abgerissener Waschmaschinenschlauch beim Nachbarn sorgt für einen formidablen Wasserschaden in Ihrer eigenen Wohnung. Doch bei welcher Versicherung muss der Schaden gemeldet werden? Privathaftpflicht- oder Hausratversicherung?
Hat der Nachbar Schuld an der Situation, weil er den Schlauch selbst angeschlossen hat und Schlauchschelle vergessen hat, ist es ein Haftpflichtschaden. Der Nachbar meldet dort den Schaden und die Privathaftpflichtversicherung reguliert den Schaden in Ihrer Wohnung.
Normalerweise ist es eine klare Sache: Wer anderen einen Schaden zufügt, haftet. Gelegentlich hilft aber ein tieferer Blick auf die Umstände. Wäre nicht doch die eigene Hausratversicherung die bessere Wahl? Immerhin ist es ein Leitungswasserschaden. Welche der beiden Versicherungen ist sinnvoller für die Beteiligten?
Was sichern Haftpflicht und Hausrat ab?
Die Hausratversicherung deckt Ihr häusliches und bewegliches Eigentum, sprich den Hausrat, gegen eine Vielzahl von Risiken ab. Zu den versicherten Risiken zählen etwa Leitungswasser, Feuer, Hagel, Sturm oder Einbruchsdiebstahl. Versichert ist gesamte Hausrat, wie etwa Möbel, Kleidung, Haushaltsgegenstände, Bücher, technische wie Fernseher, Computer, Waschmaschine, aber auch Wertsachen wie Schmuck oder Wertpapiere.
Die private Haftpflichtversicherung übernimmt hingegen bei Schäden, die Sie bei Anderen verursachen. Dazu zählt etwa das versehentlich umgestoßene Porzellan oder der verschüttete Rotwein am Teppich oder den Wasserschaden, verursacht durch die übergelaufene Badewanne oder abgerissenen Waschmaschinenschlauch.
Beide Versicherungen unterscheiden sich in der Bewertung des Schadens. Hier kommt der Unterschied zwischen Neuwert und Zeitwert der beschädigten Gegenstände ins Spiel.
Neuwert und Zeitwert: Unterschiede bei Haftpflicht- und Hausratversicherung
Unter „Neuwert“ versteht man bei Versicherungen den Wert eines neuen und gleichwertigen Gegenstandes. Der „Zeitwert“ ist hingegen der aktuelle Wert des beschädigten Gegenstandes, der wie folgt berechnet wird:
Zeitwert = Neuwert minus Wertminderung durch Alter oder Gebrauch
Der Neuwert ist daher immer höher als der entsprechende Zeitwert. Hausratversicherungen erstatten in der Regel den Neuwert, wohingegen private Haftpflichtversicherungen meist den Zeitwert begleichen.
In unserem Ratgeber Unterschiede – Neuwert, Zeitwert und Wiederbeschaffungswert finden Sie hierzu alles Wissenswerte im Detail.
Wasserschaden durch Nachbarwohnung
Bleiben wir bei unserem Beispiel. Der Schlauch der Waschmaschine ist abgerissen. Das Wasser strömt ungehindert durch die Wohnung. Der Nachbar ist im Wohnzimmer vor dem Fernseher eingeschlafen. Das Wasser nutzt die Gelegenheit und sickert erst langsam, dann immer schneller in das Stockwerk darunter. Dann hat das Wasser Ihre Wohnung erreicht und richtet erheblichen Schaden an: Ihr Kleiderschrank ist ruiniert.
Da es sich um einen Leitungswasserschaden handelt, der von Ihrem Nachbarn verursacht wurde, wird seine Haftpflichtversicherung den Schaden regulieren.
Aber halt: Ist das für Sie eine sinnvolle Entscheidung? Wenn die Schäden durch die Haftpflichtversicherung Ihres Nachbarn reguliert werden, erhalten Sie den Zeitwert für Ihren Kleiderschrank. Da er schon einige Jahre auf dem Buckel hat, kommt da sehr wenig bei Ihnen an. Für einen neuen Kleiderschrank gleicher Güte wird das nicht reichen.
Der geschätzte Zeitwert ist immer niedriger als der Neuwert eines vergleichbaren Ersatzes. Schlimmstenfalls gibt es sogar nichts.
Was können Sie also machen?
Wenn Sie eine Hausratversicherung haben, können Sie Ihre Situation entscheidend verbessern. Da es sich um einen Leitungswasserschaden handelt, können Sie den Schaden dort melden. Der Vorteil: Der zerstörte Hausrat wird zum Neu- bzw. Wiederbeschaffungswert erstattet. Das heißt, Sie können sich denselben Kleiderschrank wiederkaufen.
Die Hausratversicherung wird sich anschließend die Kosten von der Haftpflichtversicherung des Nachbarn zurückerstatten lassen.
Fazit: Besser Neuwert als Zeitwert
Eine Hausratversicherung ersetzt zum vollen Neuwert, während die Privathaftpflichtversicherung hingegen nur den niedrigeren Zeitwert begleicht.