Was ist versicherbar und was gilt als nicht versicherbares Risiko?
Fußballerbeine, ein wertvolles Gemälde oder eine ganze Ölplattform im Meer – anscheinend können Privatpersonen und Unternehmen alles versichern lassen, um sich vor Schäden zu schützen. Und doch gibt es Grenzen für die Versicherbarkeit von Risiken. Auch Versicherungen können keinen hundertprozentigen Rundum-Schutz bieten und jeden Schaden ausgleichen.
Um Leistungen in einem Versicherungsvertrag festlegen zu können, müssen die Merkmale eines Versicherungsfalls wie Personen, Gegenstände und versicherte Gefahren sowie die abzudeckenden Schäden und die Versicherungsleistung eindeutig festgelegt werden können. Deshalb ist es kaum möglich, komplexe Gefahren, sogenannte systemische Risiken wie Pandemien, Atomunfälle, Kriege, Cyberkriminalität oder Klimakatastrophen zu versichern. Die Bedingungen dafür lassen sich nicht transparent und juristisch wasserdicht formulieren. Risikovorsorge ist zudem nur möglich, wenn der Versicherer eine Ersatzpflicht im Falle eines Maximalschadens wirtschaftlich überhaupt erfüllen kann.
Für Versicherungen spielt zunächst der mathematische Ansatz eine Rolle. Vereinfacht ausgedrückt: Der Prämiensatz muss höher sein als die Schadenswahrscheinlichkeit und der Sicherheitszuschlag (der dazu dient, unerwartet hohe Kosten aus der Schadensregulierung abzufangen). Über den mathematischen Ansatz hinaus spielen bei den Grenzen der Versicherbarkeit aber vor allem die ökonomischen Merkmale eine Rolle. Diese Merkmale sind die Bedingung dafür, dass Versicherungen ein Risiko als versicherbar einstufen.
Merkmale versicherbarer Risiken
- Zufälligkeit
- Schätzbarkeit
- Unabhängigkeit
- Eindeutigkeit
Eindeutigkeit
Die Eindeutigkeit ergibt sich aus den Versicherungsarten (Versicherungssparte oder Versicherungstyp) und der dort jeweils genauen Definition des versicherten Schadensereignisses bzw. der versicherten Gefahr.
Zufälligkeit
Bei Vertragsabschluss sind für beide Parteien der Zeitpunkt und/oder der Eintritt des Risikos ungewiss und unbeeinflussbar, also zufällig. Ebenso, ob ein Schaden eintritt und wenn ja, in welcher Höhe. Ein bereits bekanntes Ereignis kann also nicht versichert werden. Bildhaft gesprochen: Ein bereits brennendes Haus ist unversicherbar. Die Zufälligkeit ist ebenfalls nicht gegeben, wenn ein Versicherungsnehmer einen Schaden absichtlich herbeiführt, um die Versicherungssumme zu kassieren.
Schätzbarkeit
Versicherer müssen einschätzen und bewerten können, wie groß die Wahrscheinlichkeit ist, dass ein bestimmter Schaden eintritt und welche Kosten damit verbunden sind. Für eine objektive Schätzung liegen in der Regel hinreichend zuverlässige Daten vor. Gibt es diese Erfahrungswerte nicht, ist es für den Versicherer schwer, die Risiken und möglichen Kosten einzuschätzen. Ein aktuelles Beispiel ist der Bereich Cyberkriminalität im privaten und gewerblichen Bereich.
Unabhängigkeit
Risiken sind nur dann versicherbar, wenn sie regional begrenzt und unabhängig voneinander auftreten. Ist das nicht der Fall, übersteigt das die Finanzkraft der Versicherer. Ein Beispiel aus jüngerer Vergangenheit, das zu Diskussionen und Rechtsstreitigkeiten führte, waren die im Rahmen der Coronapandemie global auftretenden Betriebsunterbrechungen von Unternehmen – und die damit verbundenen wirtschaftlichen Schäden. Hier hing der Versicherungsschutz von den individuell vereinbarten Vertragsbedingungen ab und konnte nicht pauschal beantwortet werden. Auch die Globalisierung und Digitalisierung führt bei Cyberattacken schnell zu unkontrollierbaren Dominoeffekten und weltweiten Schäden in Milliardenhöhe, die Versicherungen nicht ausgleichen können. Wobei es aktuell auch Policen gibt, die Hackerangriffe und Datendiebstahl decken.
Großschäden durch wetterbedingte Naturgefahren steigen
Sind Risiken voneinander abhängig, kann es zu großen Schadenszenarien kommen, sogenannten Kumulschäden (lateinisch cumulus: Anhäufung). Den Umgang mit Kumulschäden kennen Versicherer bereits im Zusammenhang mit wetterbedingten Großschäden durch Waldbrände oder Starkregenfälle mit Überschwemmungen.
Auch wenn Naturgefahren zum Geschäft der Versicherungen gehören, kann der Klimawandel dazu führen, dass die Risiken durch Extremwetter systemisch werden und damit nicht mehr versicherbar sind.
2021 war das bisher teuerste Jahr für die deutsche Versicherungswirtschaft, u. a. durch die Hochwasserkatastrophe in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen. Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V. (GDV) hat die Schadenregulierung der verheerenden Überschwemmungen zusammengefasst.
Nicht nur deshalb steigt die Zahl der Versicherungsnehmer kontinuierlich, die sich gegen Elementarschäden absichern.
Wichtig: Wohngebäudeversicherung mit Schutz gegen Elementarschäden vereinbaren
Eine Wohngebäudeversicherung ist für jeden Hauseigentümer ein absolutes Muss. Sie schützt vor den finanziellen Folgen von Sachschäden am Gebäude. In der Grunddeckung ist der Schutz gegen Gefahren wie Feuer (durch Brand, Blitzschlag, Explosion, Implosion, sowie Folgeschäden durch Rauch, Ruß und Löschwasser), Leitungswasser und Naturgefahren wie Sturm und Hagel. Bei Sturmgefahr kommen Versicherungen für Schäden ab Windstärke 8 auf.
Als Zusatz zur Gebäudeversicherung sollten Hausbesitzer die Möglichkeit wahrnehmen, Elementarschäden mit in den Versicherungsvertrag einzuschließen.
Elementarschäden sind Schäden durch:
- Überschwemmung und Rückstau
- Erdbeben
- Erdsenkung
- Erdrutsch
- Lawinen
- Schneedruck
Ganz besonders wichtig: Achten Sie darauf, dass ausdrücklich auch Überschwemmung durch Starkregen mitversichert ist. Das Risiko durch Wasserschäden und vollgelaufene Keller besteht für jedes Gebäude und sollte daher in den Elementarschäden einer Wohngebäudeversicherung enthalten sein. Insbesondere aufgrund der Entwicklung bei der Extremwetter-Phänomene, die sich offensichtlich aufgrund des Klimawandels häufen.
Den Versicherungsschutz gegen Elementarschäden gibt es auch als Baustein in der Hausratversicherung.
Fazit: Nicht jedes Risiko ist versicherbar, aber ein zusätzlicher Schutz deckt vieles ab
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass nicht jedes Risiko versicherbar ist. Bezahlbaren Versicherungsschutz gibt es für Risiken, die ungewiss sind. Risiken dagegen, die zeitgleich eine große Anzahl der Versicherungsnehmer betreffen würden, wären kaum kalkulierbar.
Sowohl der Versicherungsumfang als auch Ausschlüsse im Versicherungsschutz finden sich durch konkrete Angaben in den Versicherungsbedingungen. Hauseigentümer mit einer Wohngebäudeversicherung sind normalerweise gegen die Folgen von Sturm und Hagel abgesichert. Aber Achtung: Es gibt immer noch Verträge, die nicht alle Gefahren wie Feuer, Leitungswasser und Sturm/Hagel absichern. Schäden durch Krieg oder Kernenergie fallen in der Regel unter höhere Gewalt und sind ausgeschlossen. Grobe Fahrlässigkeit des Versicherungsnehmers oder der mitversicherten Personen ist in guten Wohngebäudeversicherungen abdeckt. Hier sollten Sie unbedingt Ihren Tarif überprüfen und gegebenenfalls ändern bzw. den Schutz erweitern lassen.
Tipp: Werfen Sie einen Blick in die Versicherungsbedingungen und fragen Sie im Zweifel bei Ihrem Versicherer nach, welche Fälle von höherer Gewalt im Versicherungsschutz enthalten sind. Elementarschäden wie Überschwemmungen durch Starkregen sind beispielsweise in der Wohngebäudeversicherung und in der Hausratversicherung als Zusatzschutz abschließbar. Für Bewohner von Risikogebieten ist dieser zusätzliche Schutz sehr sinnvoll.