Wenn Bäume nicht nur gen Himmel wachsen
Während ein Baum mit seinem Stamm fest auf einem Grundstück steht, können Äste weit darüber hinausragen. In Nachbars Garten oder auf den Gehweg. Dort landet dann auch, was die Zweige nach dem Sommer abwerfen. Im Falle von Herbstlaub kann daraus manchmal ein Ärgernis werden. Zum Beispiel, wenn die Blätter bei Regen zu einer unfreiwilligen Rutschpartie führen oder das Laub des Nachbargartens einen Extraeinsatz im Garten erfordert. Obstbäume bieten einen echten Mehrwert. Doch darf man sich einfach so bedienen an Apfel, Birne, Kirsche und Zwetschge? Für eine gute Nachbarschaft empfiehlt es sich, die Großzügigkeit der anderen nicht über zu strapazieren. Gut ist es, die gesetzlichen Regeln zu kennen. Noch besser ist es, gemeinsam mit den Nachbarn Vereinbarungen zu treffen. Damit das auch funktioniert, gibt es hier ein paar Hintergrundinfos zur Rechtslage.
Die süßen Früchte aus Nachbars Garten
Bäume sind definitiv unser aller Freunde. Sie versorgen uns mit Schatten, guter Luft und so manchen Früchten. Zäune und Grundstücksgrenzen sind ihnen egal. Und so ragen die Äste mit ihren Früchten oft auf Gehwege und Nachbargrundstücke. Doch einfach so die Äpfel am Straßenrand oder vom Nachbargrundstück aus pflücken ist nicht erlaubt. Solange das Obst an den Ästen hängt, gehört es den Eigentümern des Baumes. Wer sich etwas pflückt, begeht streng genommen Diebstahl. Anders sieht es aus, wenn die Baumeigentümer das Ernten erlaubt haben oder die Früchte bereits herabgefallen sind. Möchten die Besitzer eines Baumes die Äste auf dem Nachbargrundstück abernten, brauchen sie im Gegenzug einen Pflücker mit langem Stiel oder die Erlaubnis der Nachbarn zum Betreten deren Grundstücks. Denn einfach so dürfen sie es ihren Bäumen nicht gleichtun und die Grenze zum Nachbargrundstück überwinden.
Fällt das Laub, beginnen die Pflichten
Nicht alle Bäume tragen Früchte. Aber alle Laubbäume haben definitiv Blätter. Naht der Herbst heran, verfärben sich diese erst gelb oder rot und schließen fallen sie herab. Nun kann das Laub aber nicht einfach so liegenbleiben. Landet es auf einem Gehweg, befindet es sich im Verantwortungsbereich der räumpflichtigen Person. In der Regel übertragen Gemeinden die Räumpflicht für Gehwege den angrenzenden Grundstückseigentümern. Dabei ist es unerheblich, von welchem Baum das Laub stammt. Fällt das Blattwerk aufs Nachbargrundstück, stellt das Wegräumen eine für Nachbarn zumutbare Belastung dar. Nur wenn die Laubmenge außergewöhnlich groß oder die Nutzung des Grundstücks erheblich beeinträchtigt ist, kann eine Entschädigung vom Baumbesitzer verlangt werden. Gleiches gilt übrigens für herabgefallene Früchte sowie Tannenzapfen, Eicheln oder Kastanien.
Nicht zu unterschätzen ist die Unfallgefahr, die besonders auf Gehwegen von Herbstlaub und Co. ausgeht. Vor allem, wenn es regnet und das Laub feucht wird. Rutschen Fußgänger oder Radfahrer aus, haften die Grundstückseigentümer. Bewohner eines Eigenheims sind meist über ihre Privathaftpflichtversicherung abgesichert. Ist die Immobilie vermietet, bedarf es einer Haus- und Grundbesitzerhaftpflichtversicherung. In jedem Fall wird der Haftpflichtversicherer prüfen, ob ein Haftpflichtanspruch besteht und im Rahmen des Versicherungsvertrages entschädigen.
Die Grenzen guter Nachbarschaft
Bei aller Liebe zu den Bäumen kann es vorkommen, dass der Bewuchs des Nachbargrundstücks dann doch zu einer immensen Belastung heranwächst. Wenn sich Bäume und Pflanzen zu nah an der Grundstücksgrenze befinden und in erheblichem Maße die Nutzung des Nachbargrundstücks beeinträchtigen zum Beispiel. Was als erhebliche Beeinträchtigung gilt, entscheidet am besten eine vom Gericht einbestellte sachverständige Person. Denn einfach so die Säge ansetzen ist nicht erlaubt. Zunächst sollte dann dem Nachbarn eine angemessene Frist zur Beseitigung der Äste gesetzt werden. Verstreicht diese Frist ungenutzt, dürfen Heckenschere und Säge zum Einsatz kommen. Berücksichtigt werden sollte, dass der Beschnitt zu manchen Zeiten im Jahr schädlich fürs Gewächs sein kann.
Wie auch immer die Streitfrage lautet, ein persönliches Gespräch und die echte Bereitschaft zur gemeinsamen Lösungsfindung bleiben der Königsweg zur guten Nachbarschaft. Eine vielfältige Baum- und Pflanzenwelt bereichert zudem jedes Wohngebiet. Und sind Hecken und Äste erstmal weg, ist der Blick frei auf den angesäuerten Nachbarn. Bis das Grün wieder zuwächst, kann es dauern.