Was ist Erbbaurecht?
Wer in Deutschland, insbesondere in Ballungsräumen, ein Haus bauen will, muss immer tiefer in die Tasche greifen. Größter Preistreiber für Immobilienkäufer sind unverändert die Kosten für das Grundstück. So haben sich laut Statistischen Bundesamt die Preise für Bauland seit dem Jahr 2000 durchschnittlich nahezu verdreifacht. Diese Entwicklung macht das über 100 Jahre alte Erbbaurecht als Kaufalternative so aktuell wie nie.
Umgangssprachlich wird häufig auch der Begriff "Erbpacht" verwendet, er beschreibt aber eine 1947 in Deutschland abgeschaffte Form des Grundbesitzes, die zum mittelalterlichen Lehnwesen gehörte.Das Erbbaurecht schafft die Möglichkeit für einen Bauherren, das eigene Haus auf einem Grundstück zu bauen, das einem anderen Eigentümer gehört. Das Eigentum am Grundstück und an dem darauf stehenden Gebäude werden also rechtlich getrennt. Der Eigentümer des Grundstücks erhält als Erbbaurechtsgeber einen sogenannten Erbbauzins, eine Art Miete oder Leasingrate, für das Grundstück. Der Erbbaurechtsnehmer, auch Erbbauberechtigter genannt, ist für die Laufzeit des Erbbaurechts Eigentümer des Hauses.
Wie werden Erbbaurechte vergeben?
Das Erbbaurecht kommt durch einen notariell beurkundeten Erbbaurechtsvertrag zwischen Erbbaurechtsgeber und -nehmer zustande. Er wird häufig individuell gestaltet und kann unterschiedlich umfangreich sein. Die folgenden Inhalte sollte der Vertrag auf alle Fälle enthalten:
- Zweck und Nutzung des Erbbaurechts,
- schuldrechtliche Verpflichtungen,
- die Laufzeit,
- den Erbbauzins,
- die Bestimmung des Flurstücks,
- eine Wertsicherungsklausel,
- dingliche Rechte,
- die Zwangsversteigerungsfestigkeit des Erbbauzinses,
- das Ende des Erbbaurechts bzw. Bedingungen für dessen Verlängerung.
Das Erbbaurecht für ein Grundstück wird beim zuständigen Amtsgericht in einem besonderen Erbbau-Grundbuchblatt eingetragen. Der Erbbaurechtsgeber bleibt als Grundstückseigentümer darüber hinaus im „regulären“ Grundbuch weiter aufgeführt.
Für wen ist Erbbaurecht interessant?
Die Vorteile für den Grundstückeigentümer bestehen darin, dass er sich von seinem Grundstück nicht trennen muss und es dennoch nutzen kann. Er erhält über den Erbbauzins eine laufende Rendite, die aktuell deutlich über den am Kapitalmarkt üblichen Zinsen liegt. Steigt der Wert des Grundstücks, kommt ihm die Wertsteigerung zugute. Für viele also auch eine gute Altersvorsorge.
Der Erbbauberechtigte spart die Kosten für das Grundstück, die im Allgemeinen rund 30 bis 40 Prozent der Gesamtkosten ausmachen. Er kann sein Kapital voll und ganz in die Errichtung des Gebäudes investieren. Der zu zahlende Erbbauzins stellt dabei eine verhältnismäßig geringe Belastung dar. Damit stellt das Erbbaurecht während der Laufzeit für beide Seiten auf alle Fälle eine Win-Win-Lösung dar.
Wie hoch ist der Erbbauzins?
Wie bei Immobilien ist auch im Erbbaurecht die Lage des Grundstücks entscheidend für die Wertermittlung und damit für den Erbbauzins. In der Regel stehen dem Erbbaurechtsgeber rund 4 Prozent des Grundstückswerts als jährlicher Ertrag aus seinem Grundstück zu. Der Erbbauzins wird im Erbbaurechtsvertrag, der üblicherweise für einen Zeitraum von 60 bis 99 Jahren geschlossen wird, genau beziffert.
In den meisten Fällen sieht der Erbbaurechtsvertrag alle drei bis fünf Jahre eine Anpassung des Erbbauzinses an den vom Statistischen Bundesamt herausgegebenen Verbraucherpreisindex vor. Eine Anpassung des Zinses ist frühestens nach drei Jahren möglich, allerdings nur, wenn sich auch der Index ändert. Spätere Wertsteigerungen des Grundstücks, wie sie durchaus wahrscheinlich sind, berühren den Erbbauzins nicht. Hier schützt § 9a Erbbaurechtsgesetz den Erbbaurechtsnehmer vor unverhältnismäßigen Erhöhungen.
Welche weiteren Kosten fallen beim Erwerb des Erbbaurechts an?
Wie bei einem Grundstückskauf fallen beim Erwerb des Erbbaurechts Grunderwerbssteuer und Notarkosten sowie eventuelle Maklerkosten an. Sie hat in der Regel der Erbbaurechtsnehmer zu tragen. Die Grunderwerbssteuer errechnet sich aus dem Kapitalwert des Erbbaurechts. Für die Notarkosten wird der „Geschäftswert“ zugrunde gelegt. Er entspricht üblicherweise entweder 80 Prozent des Grundstückswertes oder dem Erbbauzins der ersten 20 Jahre.
Die laufenden Kosten für das Grundstück sowie Steuern und Abgaben trägt der Erbbaurechtsnehmer. Abweichende Regelungen sind zwar möglich, aber die Ausnahme.
Wer vergibt Erbbaurechte?
Erbbaurechtsgeber sind vor allem kirchliche Einrichtungen, Versicherungen, Körperschaften des öffentlichen Rechts, staatliche Eigentümer und Stiftungen. Sie verfügen meist historisch bedingt über großen Grundbesitz. Durch die Erbpacht erzielen sie dauerhafte Einnahmen, ohne die Eigentumsrechte am Grundstück abgeben zu müssen. Wechselt während der Laufzeit des Erbbaurechts der Besitzer des Grundstücks, hat das für Sie als Erbbaurechtsnehmer keine Folgen. Denn gemäß des Erbbaurechtsgesetzes ist weder eine Kündigung des Erbbaurechts noch eine beliebige Erhöhung des Erbbauzinses möglich.
Warum 99 Jahre Erbbaurecht?
Grundsätzlich können der Grundstückseigentümer und der Erbbaurechtsnehmer frei die Dauer des Erbbaurechtsvertrags gestalten. Da ein Haus jedoch eine langfristige Investition darstellt, ist auch eine lange Laufzeit notwendig, um einen Anreiz für den Erbbaurechtsnehmer zu schaffen. So werden die Verträge für einen langen Zeitraum von 70, 80 oder eben ganz häufig von 99 Jahren geschlossen. Denn der Erbbaurechtsnehmer erwirbt lediglich das Recht, auf dem Grundstück sein eigenes Haus zu kaufen oder zu bauen.
Was passiert, wenn das Erbbaurecht abgelaufen ist?
Mit Ende der Laufzeit des Erbbaurechts kann der Erbbaurechtsgeber entweder das Erbbaurecht verlängern oder das Grundstück zurückfordern. Im Fall der Rückforderung muss er den Erbbaurechtsnehmer für das darauf stehende Gebäude zu vertraglich vereinbarten Konditionen entschädigen. Das ist in der Regel ein Prozentsatz des Zeitwertes der Immobilie, der meist von einem unabhängigen Sachverständigen festgestellt wird.
Kann der Erbbaurechtsgeber das Grundstück vor Ablauf der Laufzeit zurückfordern?
Das jeweilige Erbbaurecht ist exakt für die vereinbarte Laufzeit festgeschrieben und kann von keinem der beiden Vertragspartner gekündigt werden. Ausnahme: Zahlt der Erbbaurechtsnehmer über 24 Monate keinen Erbbauzins, gilt die sogenannte "Heimfallregel". Das heißt, das Grundstück fällt an den Erbbaurechtsgeber zurück. Gleiches ist auch der Fall, wenn der Erbbaurechtsnehmer das Grundstück zweckentfremdet oder verwahrlosen lässt. In diesen Fällen muss der Eigentümer der Immobilie nach festgeschriebenen Regeln entschädigt werden. Das sind üblicherweise 2/3 des Zeitwerts.
Kann ein Erbbaurechtsvertrag beliehen werden?
Auch für Erbbaurechte gibt es die Möglichkeit, Grundschulden oder Hypotheken aufzunehmen. Allerdings ist für die Eintragung in den meisten Fällen die Zustimmung des Erbbaurechtsgebers erforderlich. Wichtig: Grundschulden und Hypotheken werden im Grundbuch stets im Rang nach dem Erbbauzins eingetragen. Der Erbbaurechtsgeber kann aber auch eine sogenannte Stillhalteerklärung gegenüber dem Finanzierungsinstitut abgeben. Hierbei verzichtet er in der Zwangsvollstreckung auf eine Kapitalisierung des Erbbauzinses.
Was Sie noch im Erbbaurechtsvertrag beachten sollten
Häufig hat ein Häuslebauer nach 15 oder 20 Jahren wieder Geld angespart. Deshalb sollten Sie auf alle Fälle im Erbbaurechtsvertrag eine Kaufoption vereinbaren. Auch darf es keine Rückübertragung des Grundstückes an den Eigentümer wegen eines möglichen Eigenbedarfs geben. Diese muss ausdrücklich ausgeschlossen sein.
Unser Rat: Lassen Sie den Vertrag über ein Erbbaurecht vor Unterzeichnung von einem Experten für Erbbaurecht prüfen, damit das Erbbaurecht auch tatsächlich eine echte Alternative zum Grundstückskauf ist. In diesen Fällen helfen Experten für Erbbaurecht. Den finden Sie beim Erbbaurechtsverband oder fragen Sie einen Anwalt, der auf Erbbaurecht spezialisiert ist, z.B. auf anwalt.de.
Erbbaurecht und Versicherungsschutz
Üblicherweise hat der Erbbauberechtigte die Verpflichtung, das Gebäude gegen Brandschäden und sonstige Gefahren zu versichern und im Fall der Zerstörung wiederaufzubauen. Diese Verpflichtung gilt häufig schon während der Erstellung des Hauses und der Versicherungsschutz ist auch während der Laufzeit des Erbbaurechts aufrechtzuerhalten. Eine Regelung, die im Interesse sowohl des Erbbaurechtsgebers als auch Erbbaurechtsnehmers liegen sollte. Ebenso haftet der Erbbaurechtsnehmer für alle Gefahren, die von dem Grundstück ausgehen.
Deshalb sollte der Erbbaurechtsberechtigte die folgenden Versicherungen abschließen:
Während der Bauphase
- Bauleistungsversicherung
- Bauherrenhaftpflichtversicherung
- Haus- und Grundbesitzerhaftpflichtversicherung (auch nach Bezug)
Nach Bezug
- Wohngebäudeversicherung
- Haus- und Grundbesitzerhaftpflichtversicherung
- Je nach Gefährdungsgrad, wenn z. B. ein Öltank eingebaut wurde: Gewässerschadenversicherung
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