Solararchitektur – Solares Bauen bei Neubauten
Kennen Sie das Sonnenhaus des Sokrates? Bereits vor rund 2.500 Jahren entwarf der griechische Philosoph einen kompakt angelegten Baukörper, der die Kraft der Sonne ausnutzen sollte: Im Winter ließ das Haus durch die trapezförmige, südgerichtete Öffnung die Strahlung der tiefstehenden Sonne herein, welche ihre wärmende Energie an die dicken Wände abgab, die als Wärmespeicher dienten. Im Sommer hielt das Vordach die Hitze der hochstehenden Sonne ab und die Wände blieben kühl.
Dieser Kerngedanke hat sich bis in die Neuzeit fortgesetzt. Immer mehr Menschen haben den Wunsch, erneuerbare Energien effektiv zu nutzen und unabhängig von fossilen Brennstoffen zu werden. So auch im Bereich Bauen und Wohnen. Die Spanne reicht vom Konzept der Unterstützung des eigenen Energieverbrauchs durch erneuerbare Energien, bis hin zur energetischen Selbstversorgung, die ein Höchstmaß an Autonomie von Energieträgern wie Erdöl, Erdgas und Kohle anstrebt.
Dies ist die Absicht der Solararchitektur. Sie lässt Gebäude entstehen, mit denen sich die regenerative Sonnenenergie zu einem möglichst hohen Grad ausschöpfen lässt.
Die Ziele der Solararchitektur sind:
- Die Minimierung des Heizenergiebedarfs
- Die Vermeidung von Energieverbrauch für Kühlung
- Das Erreichen einer ausgeglichenen oder sogar positiven Energiebilanz
Wie erreicht man diese Ziele? Eins ist klar – die Sonnenenergie ist Dreh- und Angelpunkt der Solararchitektur. Sie wird aktiv und passiv genutzt. Bei der aktiven Sonnenenergienutzung wird mittels Solaranlagen direkt Strom (durch Photovoltaikanlagen) oder Wärme (durch Solarthermieanlagen) gewonnen. Dabei werden die Komponenten der Solartechnologie nicht nur auf das Dach eines Hauses gesetzt, sondern mit verschiedenen Funktionen verknüpft. Diese können sein:
- Beschattung
- Absturzsicherung
- Schallschutz
- Witterungsschutz
- Gestaltung, z.B. als Elemente in einer Fassade
Die passive Sonnenenergienutzung ist dabei genauso wichtig. Hierbei wird die Strahlung der Sonne indirekt in Form von Wärme und Licht durch bauliche Maßnahmen optimal genutzt. Voraussetzungen für eine effektive passive Sonnenergienutzung sind
- Möglichst energetisch optimierte Positionierung des Baukörpers auf dem zur Verfügung stehenden Grundstück (Sonnenverlauf und Verschattungen – je nach Jahreszeit – müssen beachtet werden)
- Kompakter, länglicher Baukörper mit größter Fläche an der Südseite
- Große Fensterflächen nach Süden, adäquat dimensioniert und mit konstruktiver Verschattung oder außenliegendem Sonnenschutz
- Kleine Fensterflächen nach Norden mit möglichst geringem Glasanteil
- Dämmung, um bei kalten Außentemperaturen Wärme im Innern zu halten und bei warmen Außentemperaturen keine zusätzliche Wärme ins Haus zu lassen
- Gut isolierende Wände sowie Fenster und Türen, die die klassischen Wärmeverlustquellen sind
Solaranlage nachrüsten bei Bestandsbauten
Wer kein neues Haus baut, kann eine Solaranlage nachrüsten und so in den Genuss des reduzierten Verbrauchs fossiler Energieträger kommen – Beitrag zum Klimaschutz inklusive.
Solarenergie lässt sich im Wesentlichen auf zwei verschiedene Arten nutzen. Bei der Photovoltaik (solare Stromerzeugung) wird das Sonnenlicht durch Photovoltaik-Module bzw. Solarzellen direkt in elektrische Energie umgewandelt. Ausführliche Informationen zum Thema Photovoltaik finden Sie in unserem Ratgeber „Photovoltaik – Strom vom Dach“.
Die zweite Variante der Solarenergie-Nutzung, auf die wir hier näher eingehen, ist die Solarthermie (solare Wärmegewinnung). Hier wird die Energie der Sonnenstrahlung in sogenannten Solarkollektoren in thermische Energie (Wärme) umgewandelt. Die Sonne erwärmt dabei eine Wärmeträgerflüssigkeit, welche in einem Pufferspeicher mit Wärmetauscher gelangt. Die so gewonnene Wärme wird zur Warmwasserbereitung bzw. Trinkwassererwärmung genutzt. Eine Heizungsunterstützung durch Solarthermie ist ebenfalls möglich, eine Kombination Warmwasser/Heizung ebenfalls. In diesem Fall ist eine größere Kollektorfläche sowie ein größeres Speichervolumen für das erwärmte Wasser notwendig.
Verglichen mit der Gewinnung von Strom aus Sonnenlicht durch Photovoltaikanlagen, ist das Prinzip der Solarthermie weitaus einfacher – und auch effektiver. Der Wirkungsgrad der Solarthermie-Technik beträgt rund 75 Prozent, wohingegen der gegenwärtige Wirkungsgrad („Modulwirkungsgrad“) der Photovoltaik bei ca. 15 bis 20 Prozent liegt. Die über Solarthermieanlagen gewonnene Sonnenenergie kann demnach zu drei Vierteln direkt in nutzbare Wärme umgewandelt werden. Der Wärmeverbrauch aus herkömmlichen Energiequellen lässt sich so auf ein Drittel bis ein Viertel senken.
Überlegungen vor der Errichtung einer Solarthermieanlage
Sie spielen mit dem Gedanken, eine Solarthermieanlage in Ihr Haus einzubauen? Diese Punkte sollten Sie beachten:
Das Haus
Zunächst muss festgestellt werden, ob sich das Haus für die Errichtung einer Solarthermieanlage eignet.
Um gesammelte Sonnenenergie in Wärme umzuwandeln, benötigt man eine adäquate Dachfläche, um die Sonnenkollektoren zu installieren. Am besten eignen sich schräge Dächer (optimalerweise 30 bis 70 Grad Neigung), die in Richtung Süden zeigen. Südwestliche oder südöstliche Ausrichtungen kommen auch infrage. Solarkollektoren können auch aufgeständert werden, um den Neigungswinkel zu optimieren. Dazu kommt, dass das Dach ausreichend groß sein muss und nicht zu viel Schatten darauf fallen darf. Auch muss es genügend Last tragen können. Im Fall einer Solaranlage zur Heizungsunterstützung muss das Haus außerdem für die nicht unerhebliche Größe und das Gewicht des passenden Wärmespeichers geeignet sein. Anlagen zur Warmwasserbereitung benötigen bedeutend kleinere Speicher. Wichtig ist zudem, dass der Einbau der Leitung zwischen Kollektoren und Speicher nicht zu kostspielig wird – hier kommt es auf die baulichen Voraussetzungen an.
Weiter gilt es festzustellen, ob das Haus denkmalgeschützt ist, denn die Installation von Solarkollektoren auf dem Dach denkmalgeschützter Häuser ist nicht in jedem Fall möglich. Hier gibt es je nach Wohnort Unterschiede. Fragen Sie am besten bei der zuständigen Denkmalschutzbehörde nach.
Der Wohnort
Wie gut eine Solarthermieanlage für Ihr Haus geeignet ist, hängt auch vom Wohnort ab. Hier zählt nicht nur die Anzahl der Sonnenstunden, sondern auch die sogenannte Globalstrahlung. Diese ist in Deutschland in den Regionen um Freiburg im Breisgau und südlich der Donau am höchsten – fast 20 Prozent höher als zum Beispiel in Hamburg und Bremen. Im Endeffekt kommt es aber auf den genauen Standort des Hauses an.
Die Größe des Haushalts
Eine Solarthermieanlage rechnet sich aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten zunehmend mit der Größe des Hauses und der Anzahl der Bewohner. Aus ökologischer Hinsicht rechnet sie sich immer. Auch sollte man überlegen, wie sich die Anzahl der Bewohner in den kommenden Jahren voraussichtlich entwickeln wird.
Die Rendite
Solarthermieanlagen sind keine Renditeobjekte. Die gewonnene Wärme kann nicht wie der gewonnene Strom aus Photovoltaikanlagen in ein öffentliches Netz eingespeist werden. Ziel ist es, die Kosten für die Installation und den Betrieb der Anlage durch die Einsparung alternativer Heizkosten herauszubekommen.
Vom ökologischen Standpunkt aus lohnt sich eine Solarthermieanlage aber immer. Die Reduktion von umwelt- und klimaschädlichem Ausstoß von CO2 und die Einsparung endlicher Ressourcen wie Erdöl, Erdgas und Kohle ist eine Investition in die Zukunft unseres Planeten.
Die Kosten
Die Kosten für eine Solarthermieanlage sind stark abhängig von Art und Größe der Anlage. Sie fallen im Wesentlichen für die Solarkollektoren und den Wärmespeicher an. Eine Anlage zur Warmwasserbereitung ist dann richtig dimensioniert, wenn sie den Warmwasserbedarf aller Bewohner im Sommer deckt. Hierzu ist in der Regel eine Kollektorfläche von 1 bis 1,5 Quadratmeter pro Person nötig. Für Solarthermieanlagen zur Warmwasserbereitung in durchschnittlicher Größe (Vier-Personen-Haushalt) liegen die Kosten grob bei ca. 4.000 Euro. Soll eine Heizungsunterstützung mit dabei sein, muss man mit Kosten ab ca. 8.000 bis 9.000 Euro rechnen. Rechnet man die Kosten für neue Heizanlagen und zusätzliche Arbeiten (z.B. Abtransport von Öltanks) mit ein, kommen die zwei- bis dreifachen Kosten auf einen zu.
Die erforderlichen Komponenten lassen sich einzeln oder als Komplettpaket kaufen. Eine optimale Abstimmung aller Komponenten aufeinander lässt sich am ehesten mit dem Kauf eines Komplettpakets umsetzen. So kann die Anlage einen möglichst hohen Ertrag einbringen.
Die Fördermöglichkeiten
Die Errichtung von Solarthermieanlagen wird von der Bundesregierung, aber auch von einigen Ländern und Kommunen gefördert. Auch private Energieversorger schießen teilweise Fördergelder zu. Dies zusammengenommen, kann man grob mit 25 Prozent Bezuschussung rechnen. Ebenfalls lohnenswert ist ein Blick auf die staatlich geförderten Kredite der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW).
Lassen Sie sich beraten
Beziehen Sie einen Energieberater ein. Er kann Sie übrigens auch durch den Förderdschungel führen. Auch die Verbraucherzentralen bieten herstellerunabhängige Energieberatungen an. Sie helfen Ihnen abzuschätzen, ob Solarthermie oder auch andere energetische Maßnahmen in Ihrem individuellen Fall sinnvoll sind.
Wenn die Entscheidung für eine Solarthermieanlage gefallen ist, ist eine Fachkraft für Solartechnik der richtige Ansprechpartner. Sie verschafft Ihnen einen Überblick über die verschiedenen Anlagentypen und kann abschätzen, welcher Typ und welche Größe ihren Bedürfnissen entspricht. Haben Sie sich für die Anschaffung entschieden, sollten Sie sich Angebote verschiedener Unternehmen einholen.
Dann kann es schon bald mit den Baumaßnahmen losgehen. Am besten dafür geeignet ist übrigens die Zeit im Sommer, wo ein paar Tage ohne Heizung gut zu überbrücken sind.
Solarthermie in der Versicherung
Ob eine Solarthermieanlage extra versichert werden muss, hängt von den Versicherungsbedingungen Ihres Versicherers ab. In der Wohngebäudeversicherung der GEV ist eine Solarthermieanlage kostenlos in der Basisleistung enthalten.
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Dieser Artikel ist der dritte Teil der Serie "Bautrend", in der folgende Beiträge erschienen sind: