Grundsteuerreform beschlossen – Folgen für Hausbesitzer und Mieter noch offen
Union und SPD haben sich am 17. Juni 2019 auf eine Reform der Grundsteuer geeinigt und einen Gesetzentwurf vorgelegt. Das Bundesverfassungsgericht hatte eine Reformierung des Grundsteuergesetzes (GrStG) aufgrund veralteter Erhebungskriterien bis Ende 2019 verlangt. Nun steht der Beschluss – ein Kompromiss der großen Koalition.
Worauf hat sich die große Koalition in der Diskussion um die Grundsteuer geeinigt?
Deutschlands Gemeinden können aufatmen. Die Grundsteuer, eine ihrer wichtigsten Einnahmequellen wird rechtzeitig reformiert. Ein vorläufiger Wegfall der Einnahmen konnte abgewendet werden.
Die Eckpunkte der Grundsteuerreform waren im Februar dieses Jahres vorgestellt worden.
Die zentrale Überlegung bei der Reformierung der Grundsteuerberechnung dreht sich um die Art und Weise der Berechnung. Soll der Wert von Immobilien eine Rolle spielen (wertabhängiges Modell), oder soll allein die Wohn- und Grundstücksfläche ausschlaggebend sein (wertunabhängiges Modell bzw. Flächenmodell)?
Die Finanzministerkonferenz unter Leitung von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) hatte sich im Februar für ein wertabhängiges Modell ausgesprochen. Gleichzeitig wollte Scholz die Berechnung der Grundsteuer an die individuellen Nettokaltmieten anknüpfen, womit eine sozial faire Steuerbemessung angestrebt werden sollte. Einkommensschwache Mieterinnen und Mieter wären so finanziell entlastet worden. Doch in diesem Punkt konnte sich der Bundesfinanzminister nicht durchsetzen.
Bayerns Forderung nach einem Sonderweg wurde stattgegeben
Es gelang Scholz zwar, seine Forderung nach einem wertabhängigen Modell durchzusetzen – gegen den Willen von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU). Dieser hatte das wertabhängige Modell mit dem Hinweis auf einen zu hohen bürokratischen Aufwand abgelehnt. Bedingung für das Einlenken Söders und der CSU war jedoch die Aufnahme von sogenannten Öffnungsklauseln in den Gesetzentwurf zur Grundsteuerreform. Die Forderungen des Bundesfinanzministers wurden damit konterkariert, denn die Öffnungsklauseln machen abweichende Vereinbarungen nach Inkrafttreten des Gesetzes nun für Bayern möglich – und damit theoretisch auch für jedes andere Bundesland.
Die Kommunen können demnach je nach Bundesland Vorgaben erhalten, wie sie die Steuer zu erheben haben - wertabhängig oder wertunabhängig. Details zu den geplanten Öffnungsklauseln sind noch nicht bekannt. Nur so viel steht fest: Um diese Abweichungsmöglichkeit einführen zu können, muss das Grundgesetz geändert werden. Bisher hat sich nur Bayern auf den Sonderweg festgelegt. Ob und welche Bundesländer folgen werden, ist offen.
Steigt nun die Steuerlast durch die Grundsteuerreform?
Eine grundlegende Erhöhung der Steuerlast für jeden Haus- oder Grundbesitzer und Mieter ist nach dem Kompromiss nicht zu erwarten. Höhere Einnahmen für Städte und Gemeinden sind nicht das Ziel der Reform. Vielmehr soll durch die Neugestaltung die für die Kommunen so wichtige Einkommensquelle ‚Grundsteuer‘ bei gleichzeitiger Aufkommensneutralität gesichert werden.
Es bleibt jedoch abzuwarten, wie die Länder den neu geschaffenen Gestaltungsspielraum im Einzelnen nutzen werden. Über das Instrument der Hebesätze haben die Gemeinden nach wie vor die Möglichkeit, Ihre Grundsteuereinnahmen stark zu beeinflussen und von anderen Gemeinden zu unterscheiden.
Noch vor der parlamentarischen Sommerpause soll der Gesetzentwurf zur Grundsteuerreform im Bundestag in die erste Lesung gehen. Bis Ende des Jahres muss das Gesetzespaket gemäß der Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts in Kraft treten. Anschließend wird es für die Anwendung des Gesetzes eine Übergangsfrist von fünf Jahren geben, welche spätestens am 31. Dezember 2024 endet.
Die neu berechnete Grundsteuer wird damit erstmals im Jahr 2025 fällig.
Informationen des Bundesfinanzministeriums zum Weiterlesen: Fragen und Antworten zur Grundsteuerreform. Bis zum 1.1.2022 müssen die Grundstücke neu bewertet werden, danach alle sieben Jahre erneut.